Vor 37 Jahren waren wir hier und haben uns kennen gelernt, Kiki und ich. Wir nutzen die Karnevalstage, um diesen Ort unserer ersten Begegnung zu besuchen.
In dem alten Gebäude direkt am Marktplatz der Altstadt haben wir viel Platz, aber auch viel Kälte. Zunächst taucht Panik auf, ob wir das alte Gemäuer überhaupt warm kriegen. Es gibt keine Heizung. Mit einem viel zu hoch angebrachten Klimagerät, das wir durchgehend laufen lassen, kommt tatsächlich Wärme in die Räume. Jetzt, am dritten Tag, gefällt es uns sehr, wir haben uns eingelebt. Man kann jederzeit auf den Balkon treten und zur großen Piazza herüber schauen, die offenbar in der Umgebung von Florenz beispiellos ist. Unter den Arkaden sind Cafés und Kneipen, es sitzen eigentlich immer Leute dort, spielen Karten oder unterhalten sich bei einem Espresso oder einem Bier. Ich mag die Melodie und die Schnörkel der italienischen Sprache. Vieles erinnert an die Renaissance, die alten Gebäude werden hier aufwändig restauriert, vieles bleibt aber auch verfallen und unbekümmert. Der Mann von der Pizzeria und der Gemüsehändler kennen uns bereits, wir sind jeden Tag bei ihnen. Die Italiener sind genauso gesellig und sprachfreudig wie damals. Den ganzen Tag durch hört man die Leute miteinander reden, sie nehmen sich Zeit auf der Piazza am Fuße der Kirche.
Gestern sind wir zur Casa Nuova gewandert, wo wir damals mit der Malgruppe gewohnt haben. Vieles können wir wieder erkennen, aber es wirkt vereinsamt. Wir treffen niemanden an, hatten wir doch gehofft, hier etwas essen zu können. Der gepflasterte Hof weckt Erinnerungen an unsere vielen kreativen Malaktionen. Die Terrasse, auf der sich der Großteil des Lebens abgespielt hat, sieht etwas verfallen aus. Andere Bereiche und das Nebengebäude sind in einem sehr guten Zustand. In den unteren Gärten, wo wir damals ein Lagerfeuer hatten, stehen jetzt ein Zierbrunnen und viele angelegte Pflanzenbeete. Das Weinfeld ist immer noch da, auf dem wir Wein geerntet haben, wir erinnern uns an Lilly Angreny, die Rollstuhlfahrerin, die damals zwischen den Reben mit dem Rollstuhl mit erntete, plötzlich den Hang herunterrollte und heraus fiel. Es hatte ihr damals nichts ausgemacht, ich habe sie einfach wieder hineingesetzt. Sie wollte dabei sein und nicht, dass das Malheur publik wird. Damals bekamen wir für die Weinernte ein kostenloses Mittagessen.
Nachdem wir viel geschaut und uns erinnert haben, wandern Kiki und ich dieselbe toskanische Landstraße wieder zurück, 5,9 km bis zu unserem Haus. Danach sind wir sehr erschöpft.
Die Menschen sind nett hier, sie sprechen fast alle auch Englisch. Ihre Kommunikation ist unkompliziert und unverstellt. Aber auch herzlich.
Als wir am Sonntag wiederkommen von unserer Wanderung, sehen wir drei einfache Karnevalswagen und eine Eisenbahn aus Trecker und Anhängern, es läuft Popmusik, einige Kinder sind verkleidet. Keine typische Karnevalsmusik aus Köln! Ja, so ist der Karneval hier! Es werden keine Süßigkeiten geworfen, sondern Konfetti. Der Zug fährt den ganzen Nachmittag über auf dem Platz immer im Kreis! Die Kinder tanzen ein wenig auf den Wagen herum, die Erwachsenen sind eher ruhig, aber die Musik ist fröhlich. Spät abends wird auf den Kirchenglocken eine Melodie gespielt, nachdem Reinigungswagen hier sauber gemacht haben. Wir fühlen uns ein wenig in die Zeit vom Don Camillo und Peppone versetzt.






















